Susanne Popp studierte nach ihrer Ausbildung zur Buchhändlerin Publizistik, BWL und Buchwesen an der Universität Mainz und arbeitete viele Jahre lang als Kundenberaterin und Texterin in der Werbung. 2010 zog sie aus Deutschland in Schweiz, machte sich als Autorin für Privatbiografien selbstständig und ist nun Autorin im Hauptberuf.

 

Was fasziniert Sie an Biografien? 

Biografien sind wunderbar, sie sind unterhaltsam, lehrreich, oftmals traurig und fröhlich zugleich und naturgemäß sehr persönlich. Seit zehn Jahren schreibe ich Biografien, und mir ist bisher noch keine Lebensgeschichte begegnet, die langweilig oder uninteressant gewesen wäre. Manchmal muss man die Menschen allerdings ermutigen, über die Eckdaten und Fakten aus ihrem Leben hinaus ihre persönlichen Beweggründe und Gefühle zu schildern, denn das ist es, was die Geschichte lebendig und auch für andere lesenswert macht. Die Leser, und seien es die eigenen Angehörigen, möchten mitfühlen und nachvollziehen können, wie ein Mensch zu dem geworden ist, der er ist. 

 

Und wie kamen Sie auf die Witwe Clicquot? 

Auf sie bin ich gestoßen, als ich auf der Suche nach inspirierenden Frauen war, die allen Widerständen zum Trotz etwas besonderes auf die Beine gestellt haben. Ihre Unterschrift, Veuve Clicquot-Ponsardin, begegnet uns ja immer noch auf den Etiketten der Flaschen des Champagnerhauses, das bis heute ihren Namen trägt. Obwohl ich Französisch kann, hatte ich «Veuve Clicquot» nie mit «Witwe Clicquot» übersetzt, und ganz ehrlich, ich habe mich beinahe ein bisschen dafür geschämt. Da war eine Wissenslücke, die ich füllen wollte. 

 

Und dann schreiben Sie gleich einen ganzen Roman? 

Je mehr ich über diese Frau erfahren habe, desto faszinierter war ich. Wir wissen einiges über sie, jedoch hauptsächlich Dinge, die mit ihrem Unternehmen zu tun haben. Es gibt nur wenig Privates über sie, und es hat mich gereizt, diese Lücke zu füllen. Denn auch nachdem ich alles über sie gelesen hatte, blieb die für mich entscheidende Frage unbeantwortet: Welche Motivation hatte sie? Warum diese ganze Mühe und Arbeit mit der eigenen Firma? Sie kam aus einer sehr wohlhabenden Familie. Sie hätte ein leichtes Leben haben können. Aber sie hat sich anders entschieden. Diese Geschichte wollte ich erzählen. 

 

Haben Sie persönliche Bezüge zu Frankreich? Und zum Champagner? 

Ich bin in einer Weingegend aufgewachsen, in der Südpfalz, nur acht Kilometer vom Elsass entfernt. Bei uns wurde schon in der Grundschule Französisch unterrichtet und nach Frankreich zu fahren, beispielsweise zum Einkaufen, gehörte zum Alltag. Auch später habe ich immer in Gegenden gelebt, in denen Wein angebaut wurde, Rheinhessen, Nahe und jetzt lebe ich im Kanton Zürich in der Schweiz, auch hier gibt es Wein. Wein ist ein faszinierendes Produkt und ein ganz besonders Kulturgut. Der Champagner wiederum sticht daraus hervor, allerdings mag ich auch einen guten Winzersekt, der ja mehr oder weniger nach demselben Verfahren hergestellt wird. Als Marketingspezialistin fällt mir natürlich auch auf, wie hervorragend die Marke «Champagner», zu der Madame Clicquot und ihre Kollegen damals in der Champagne den Grundstein gelegt haben, bis heute funktioniert. 

 

Dann erzählen Sie also auch diese Geschichte? Wie der Champagner entstand? 

Richtig, das macht einen Teil der Faszination dieser Geschichte aus. Neben einer außergewöhnlichen Persönlichkeit geht es auch noch um ein tolles Produkt, das ein ausgesprochen positives und luxuriöses Image hat. Bis heute bringen die Menschen Champagner mit Feiern und guter Laune in Verbindung. Große Ereignisse werden stets mit Champagner zelebriert, und das war vor 200 Jahren auch nicht anders. Es gehört zu den Dingen, die Madame Clicquot sehr richtig erkannt hat, es war ihre Geschäftsidee. 

 

Welche Parallelen sehen Sie noch von damals zu heute? 

Es war der Beginn der Industrialisierung und eine ganz große Umbruchzeit, und auch heute haben wir es ja mit gesellschaftlichen Umbrüchen zu tun. Allerdings existierte das Europa, wie wir es heute kennen, natürlich noch nicht. Ständig gab es Krieg und immer wieder neue Koalitionen, die Handelsbeschränkungen waren unberechenbar. Es war ein Albtraum für jeden Unternehmer. So gesehen ist diese Zeit ein warnendes Beispiel, das zeigt, was uns erwarten würde, falls es nicht beim Brexit bleibt, sondern Europa noch weiter auseinanderdriftet. Bis heute geblieben ist übrigens die Mode des sogenannten «Empire». Dieser Stil prägt die Modewelt bis heute. Man könnte heute noch mit einem Original Empire-Kleid ausgehen und einfach nur elegant dabei aussehen. 

 

Welche Bücher lesen sie gerne und welche Autoren haben Sie beeinflusst? 

Auch wenn das gar nicht so richtig zu passen scheint: Ich liebe Science Fiction. Als Jugendliche habe ich gerne Isaac Asimov gelesen, die Robotergeschichten, aber auch so etwas wie Daphne Du Maurier, «Ein Tropfen Zeit». Das ist das Verbindende daran: Ich liebe die Idee von Zeitreisen, sei es in die Vergangenheit oder in die Zukunft. Heute mag ich vor allem Autoren, die einen literarisch leichtfüßigen Stil mit gut erzählten psychologisch tiefgründigen Geschichten verbinden. Paul Auster beispielsweise oder Alice Munro. Von Alice Munro liegt meistens ein Büchlein auf meinem Nachttisch, denn ich bin immer noch dabei, herauszufinden, wie sie es schafft, mit reduzierten Mitteln so komplexe Geschichten zu kreieren. Um im 19. Jahrhundert zu bleiben: Natürlich Jane Austen, wer liebt sie nicht, und ich bewundere Tolstoi. Viele deutschen Autoren beschäftigen sich zur Zeit mit historischen Stoffen. Besonders gefallen haben mir Karen Duve mit «Fräulein Nette», Daniel Kehlmann, «Tyll» und «Vermessung der Welt», Robert Seethaler, «Der Trafikant» und Klaus Modick, «Konzert ohne Dichter». Und um wenigstens noch einen aktuellen Science Fiction Autor zu nennen, bei dem ich mich bestens unterhalten gefühlt habe: Tom Hillenbrand, «Drohnenland» und «Hologrammatica».